Freitag, 7. Dezember 2012

Trockenstoffel (3)

Leise stand er auf, darauf bedacht, nirgendwo anzustoßen und die Anderen nicht zu wecken. Seine Unterwäsche hatte er Abends gleich anbehalten, so brauchte er nur in Jeans und Pullover zu schlüpfen und den heimlich gepackten Rucksack zu schnappen. 
Der Gang der Baracke war stockdunkel, nur mühsam gewöhnten sich seine Augen an die Finsternis. Sein Herz schlug bis zum Hals vor Aufregung. 
Behutsam schloss er die Tür der langgestreckten Wellblechbaracke hinter sich. Links war der Ausgang aus dieser Hölle, er schlich gebückt an den kahlen Büschen entlang, durch die der Wind die Eiseskälte in sein Gesicht presste.
Rechts von dem riesigen Stahltor war eine kleine Lücke, gestern hatte er sie entdeckt. Hier wollte er sich hindurchzwängen und seine Freiheit wieder genießen. 
Der Angriff kam völlig überraschend.  War es eine Decke, ein Sack oder was auch immer ihm über den Kopf geworfen wurde? Männer pressten seine Arme schmerzhaft auf den Rücken und verschnürten seine Handgelenke, dass das Seil sich tief in seine Haut schnitt. Sie packten ihn und zogen ihn von dem Tor weg. 
Ihm wurde schwarz vor Augen, hastig schnappte er nach Luft. 
Er fiel, wie tief, wohin, er konnte es nicht sagen. Langsam, wie in Zeitlupe, wurde ihm der Sack, ja, es musste einer sein, vom Kopf gezogen. Modrig roch es, nein, stank es um ihn herum. In der Dunkelheit tasteten seine von der Kälte klammen Finger seine Umgebung ab. Erde und Wurzeln,  er befand sich in einem Erdloch...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen